Shaw AFB
Shaw AFB als Ausbildungsbasis für die RF-4 E Besatzungen der Luftwaffe von 1972 bis 1981
Mit der Beschaffung der RF – 4 E Phantom II für die Luftwaffe wurde entschieden, dass die deutschen F-4 Besatzungen gemeinsam mit den Besatzungen der US Air Force in Shaw AFB, South Carolina auf der fast baugleichen RF-4 C geschult werden sollten.
Die Basis Shaw mit den Koordinaten 33°58’N und 80°28‘ W liegt ca. 13 Km nordwestlich der 35 000 Einwohner zählenden Stadt Sumter im Zentrum von South Carolina auf dem gleichen Breitengrad wie z. B. Damaskus in Syrien. Die Hauptstadt Columbia liegt 60 km, die Atlantikküste mit Charleston und Myrtle Beach ca. 150 km entfernt.
Der Flugplatz wurde 1941 als Flugschule für das Army Air Corps gebaut. Namensgeber ist 1st Lieutenant Ervin David Shaw aus Sumter County, welcher 1918 über Frankreich abgeschossen wurde. 1945/46 diente die Basis auch als Lager für 175 deutsche Kriegsgefangene.
Von 1951 bis 1993 war Shaw AFB Heimat der 363rd Tactical Reconnaissance Wing (TRW) - ab 1982 und weitgehende Umrüstung auf F-16 in 363rd Tactical Fighter Wing (TFW) umbenannt - mit verschiedenen Einsatzmustern, davon von 1964 bis 1989 die RF-4 C „Phantom II“. Seit 1954 bis heute ist hier auch das HQ 9th Air Force stationiert.
Das Flugplatzgelände umfasst 1450 Hektar mit zwei ca. 10 000 bzw. 8 000 Fuß langen und 150 Fuß breiten parallelen Landebahnen, 22 / 04 Left and Right.
Auf der Air Base waren bis Anfang der 80er Jahre 4 Staffeln RF-4 C stationiert, davon zwei Einsatzstaffeln, die 18th (nur bis 1979) und 62nd TRS und zwei Ausbildungsstaffeln, die 16th und 33rd TRTS. Die deutschen Besatzungen wurden gemeinsam mit ihren amerikanischen Kameraden durch letztere ausgebildet, wobei der Schwerpunkt auf der 16th TRTS lag. Der erste Austausch-Fluglehrer der Luftwaffe in dieser Staffel war ab 1972 Major „Ede“ Wienss; die letzte Austauschbesatzung waren Major Egon Seitzinger (IWSO) und Hauptmann Jürgen Erbeck (IP). Letzterer wurde nach dem Ende der RF-4 C Ausbildung in Shaw im März 1982 zur 67th TRW nach Bergstrom AFB, TX versetzt, wo die Schulung auf RF-4 C weiterlief.
Die Umschulung der Besatzungen auf das Muster RF-4 C dauerte 6 Monate, in denen ca. 75 Stunden für Piloten und 50 Stunden für KBO/WSO geflogen wurden. Ausgestattet mit 2 Startbahnen und geographisch günstig gelegen, bot Shaw hervorragende Bedingen für die Ausbildung. Von hier waren attraktive Tiefflugrouten vor allem in den Appalachen leicht zu erreichen, die verschiedenen „Gamecock“ MOA´s (Military Operating Area) lagen in unmittelbarer Nähe zum Platz, in der nur 150 km entfernten W-177 über dem Atlantik durften Überschallmanöver geflogen werden und mit der benachbarten McEntire ANG Base sowie Charleston und Myrtle Beach standen drei nahegelegene Militärbasen für das Üben von Anflugverfahren zur Verfügung. Einzige Einschränkung war das im Sommerhalbjahr oft sehr heiße und feuchte Wetter mit entsprechender Gewitterhäufigkeit.
In den ersten Jahren verzichtete die Luftwaffe auf den Anteil Luftbetankung, wie ihn die US-Besatzungen erhielten, und nutzte diese Flugstunden für eine intensivere Tiefflugausbildung der eigenen Besatzungen, vor allem Geländefolgeflug bei Nacht. Zum Ende der 70er Jahre wurde auf diese Besonderheit verzichtet und der Syllabus der amerikanischen Besatzungen mit Luftbetankung übernommen.
Im Rahmen der Ausbildung fanden Oberleutnant Schnurer und Oberfähnrich Michelberger am 1. Oktober 1976 den Fliegertod als ihre RF-4 C am Gipfel des 1300 m hohen Holston Mountain in Tennessee zerschellte.
Heute (2020) ist Shaw AFB eine der größten Basen der US Air Force, seit 1994 ist als Nachfolger der 363rd TFW hier die 20th Fighter Wing (FW) mit den Staffeln 55th FS „Shooters“, 77th FS „Gamblers“ und 79th FS „Tigers” und insgesamt 85 F-16 CJ Block 50 in der Hauptrolle „Suppression of Enemy Air Defense“ (SEAD) stationiert. Neben der 20th FW beherbergt die Base u. a. das HQ 9th Air Force, U.S. Air Forces Central (AIRCENT), 609th Air Operations Center (AOC) und als relative Newcomer HQ 3rd Army und U.S. Army Central (ARCENT). Dem entsprechend steht am Gate auch nicht mehr “Shaw AFB“ sondern “Joint Base Shaw”. Hier sind 8200 aktive Soldaten und 1200 zivile Angestellte mit insgesamt 12 000 Angehörigen stationiert.
Jürgen Erbeck