Holloman AFB

Erinnerungen
Fünf Jahre sind inzwischen vergangen seit der Flugbetrieb mit deutschen Jets auf der Holloman AFB eingestellt worden ist. Denkt man heute an die Zeit der Ausbildung von deutschen fliegenden Besatzungen am Standort Alamogordo in New Mexico zurück, so wird deutlich, dass dieser Standort weit mehr als ‚nur‘ die Ausbildungsstätte für Phantom- und Tornadobesatzungen der Luftwaffe war.
Die Attraktivität dieses Standortes im Südwesten der Vereinigten Staaten von Amerika war einmalig im Vergleich mit anderen Ausbildungseinrichtungen im Ausland, bedenkt man, was der Dienstherr hier alles für Ausbildung und Wohlbefinden der Dienstleistenden und ihrer Familien investiert hat.
Für zig Tausende von Soldaten und Zivilbediensteten einschließlich ihrer Familienangehörigen ist der Aufenthalt an diesem Standort mit der damals 35000 Einwohner zählenden mittelgroßen Stadt Alamogordo ein unvergesslicher Teil ihres Lebens geblieben.

 

 

Dazu beigetragen hat neben den hervorragenden Ausbildungsbedingungen und der exzellenten Infrastruktur für Ausbildung und Unterkunft das Vorhandensein einer Außenstelle der Bundeswehrverwaltung vor Ort, aufgabentechnisch vergleichbar mit einem Bundeswehr Dienstleistungszentrum im Inland, sowie die Möglichkeit, Kinder an einer nach deutschen Richtlinien geführten Schule einschulen zu können. Mit dem Schulneubau im Jahre 2000 konnten im Schnitt zirka 150 Schüler pro Jahr bis ins Jahr 2019 an der deutschen Schule in Alamogordo unterrichtet werden.
 

 

In gleichem Maße unentbehrlich zeigte sich die vor Ort Präsenz der evangelischen und katholischen Militärseelsorge, die mit dem Neubau einer gemeinsam genutzten Kirche im Jahre 2002 ein unübersehbares Zeichen in Alamogordo gesetzt haben. Gottesdienste, Trauungen, Taufen, Konfirmationen wie auch Kommunionen, um nur Einiges zu nennen, waren von nun an in eigenem Hause und unter eigener Regie möglich. Unvergessen bleiben werden die zahlreichen seelsorgerischen Betreuungsmaßnahmen und Rüstzeiten.
Das Angebot des Berufsförderungsdienstes wurde ebenso dankbar angenommen, wie das Vorhandenseins eines Bundeswehrbetreuungsvereins, der unter anderem das Betreiben des Deutschen Ladens sicherstellte.
Siebzehn Jahre lang begeisterte eine deutsche Karnevalsgesellschaft, anfangs in der Elks Lodge und später in der Moose Lodge, die Herzen der Jecken und Narren in Alamogordo und seit 1996 wurde alle Jahre wieder und bis auf ganz wenige Ausnahmen immer im deutschen Hangar auf der Basis ein Oktoberfest mit bis zu 6000 Besuchern gefeiert.
Andere wiederum erinnern sich gerne an die ‚Winterkampfausbildung‘ im Red River oder dem Ski Apache Resort in Ruidoso oder an die Glanzzeiten der deutschen Fußballer, den Sundownern, die mit ihren Erfolgen einen bleibenden Eindruck in dieser Region hinterlassen haben.
  

 

Nicht zuletzt hatte ein Jedermann die Gelegenheit an den langen Wochenenden oder aber in der Jahresurlaubszeit Land und Leute durch Reisen über die unmittelbare Nähe hinaus, wie zum Beispiel den Grand Canyon oder die Spielerstadt Las Vegas, sowie auch weiter entfernt liegende Teile dieses großartigen Landes, kennenzulernen.
Waren einstmals für die Entscheidungsträger  unserer Luftwaffe ideale Rahmenbedingungen für die fliegerische Ausbildung wie beste klimatische Bedingungen, Verfügbarkeit von Übungslufträumen bei kurzen Anflugwegen, die Nutzung von Luft- Bodenschießplätzen sowie die Option auf Luft- Lufteinsätze ausschlaggebend für eine Nutzungsentscheidung, so war für unsere Soldaten und Zivilbediensteten sowie deren Familien das gesamte Umfeld maßgebend für eine Akzeptanz des Standortes Alamogordo mit seiner Holloman AFB. Neben dem oben Aufgeführten zählte hierzu insbesondere die überwältigend herzliche Gastfreundschaft der Bewohner Alamogordos gegenüber den deutschen Familien sowie die uneingeschränkte Akzeptanz der Amerikaner gegenüber ihren deutschen Verbündeten.

 

Die Ausbildungsstaffeln
Nachdem 1992 der Flugplatz George AFB in Kalifornien von der amerikanischen Luftwaffe aufgegeben werden musste, wurde die Ausbildung nach Holloman AFB verlegt und zunächst durch die 9. Fighter Squadron weitergeführt. Der Flugzeugbestand betrug zu diesem Zeitpunkt 7 F-4F der Luftwaffe und 17 F-4E der USAF. Als die 9. Fighter Squadron mit der Umschulung auf die F-117 beauftragt wurde, wurde am 01. Juli 1993 die 20. Fighter Squadron, die Silver Lobos, wieder reaktiviert und wie schon die Jahre zuvor auf der George AFB mit der Ausbildung deutscher F-4 Besatzungen beauftragt.

 

 

Ab 1997 wurden die Deutschland gehörenden F-4 nach Deutschland zurückverlegt und dort letztendlich ausgemustert. Im Zuge der Einführung des Eurofighters in die deutsche Luftwaffe wurde die Regenerationsausbildung für F-4 F Besatzungen stufenweise reduziert; die Ausbildung wurde dann am 20. Dezember 2004 offiziell eingestellt und die 20. Fighter Squadron außer Dienst gestellt. Die verbliebenen F-4 Lfz in Holloman wurden an das ‚Maintenance and Regeneration Center‘ in Arizona verbracht. Die 20. Fighter Squadron war die letzte Staffel der USAF mit aktivem bemannten Flugbetrieb der F-4 Phantom II. Danach wurde die Phantom in den USA nur noch als Zieldarstellungsdrohne unter der Bezeichnung QF-4 verwendet. Diese Ära endete im Jahr 2016.    Wegen Verzögerungen im Zulauf des Eurofighters wurde in Deutschland dann doch noch eine Regenerationsausbildung in geringem Umfang erforderlich. Diese erfolgte bei der Ausbildungsgruppe des letzten noch mit F-4F ausgerüsteten Einsatzverbandes der Luftwaffe, dem Jagdgeschwader 71 „R“ in Wittmund. 
 

 

Im Jahr 1996 landete der erste Tornado in Holloman AFB und seitdem wurden Besatzungsangehörige des Waffensystems Tornado an diesem Standort ausgebildet. Das Fliegerische Ausbildungszentrum der Luftwaffe wurde offiziell am 31. März 2000 in Dienst gestellt; damit umfasste das Gesamtvorhaben Holloman insgesamt bis zu 42 Lfz Tornado bei bis zu 8500 Flugstunden pro Jahr und einer Dienstpostenstärke von bis zu 840 Dienstposten. In fast 22 Jahren wurden über 2000 Flugschüler auf dem Waffensystem Tornado geschult. Der Ausbildungsflugbetrieb wurde offiziell am 30. September 2017 eingestellt. Das Taktische Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ in Jagel wurde mit der Weiterführung der Ausbildung beauftragt. 
 

 

Über 25 Jahre war die deutsche Luftwaffe mit Ausbildungsflugbetrieb für Besatzungsangehörige der Waffensysteme F-4 F Phantom und Tornado in Holloman AFB vertreten, insgesamt eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht.

Holloman AFB
Die Holloman AFB blickt auf eine lange, vielschichtige und erfolgreiche Geschichte zurück. 
Zur Zeit des zweiten Weltkrieges wurden hier Bomberbesatzungen trainiert, bevor sie in ihre Einsatzgebiete entsendet wurden. Nach dem Krieg wurde der Flugplatz hauptsächlich für die Entwicklung und das Testen von unbemannten Flugzeugen und Lenkflugkörpern sowie anderen Forschungsprojekten genutzt.
So wurde z.B. am 10. Dezember 1954 von LtCol Stapp mit einem raketengetriebenen Schlitten die Rekordgeschwindigkeit von 1017 km/h (632 Meilen pro Stunde) erreicht. Später wurden hier weitere Geschwindigkeitsweltrekorde für Schienenfahrzeuge aufgestellt.
Am 29. November 1961 wurde ein im Aero-Medical Field Laboratory gezüchteter und trainierter Schimpanse ‚Ham‘ in die Erdumlaufbahn geschossen.
Im Laufe der Jahre wurden hier Flugzeugtypen wie F-80 Shooting Star, F-84F Thunderstrike, EB-57 Canberra, F-100 Super Sabre, F-105D Thunderchief, F-104 Starfighter und T-38A geflogen. 
Seit 1968 ist die Holloman AFB Heimat der 49. Tactical Fighter Wing, die mit ihren F-4 D Phantom von Spangdahlem AB hierher verlegt wurde und damit das erste ‚dual based‘ Geschwader der USAF überhaupt geworden ist, um nunmehr von hier aus ihrer NATO-Verpflichtung nachzukommen. Von Mai bis Oktober 1972 flog das Geschwader von Thailand aus Kampfeinsätze im Rahmen des Vietnam Krieges und verlor dabei weder ein Luftfahrzeug noch Personal. 
Ab Dezember 1977 begann die Konversion von der F-4 D auf das Waffensystem F-15 A/B, die im Juni 1978 abgeschlossen wurde. Im Februar 1980 schrieb das Geschwader Geschichte, als zwei ‚single-seat‘ F-15 6200 Meilen in etwas über 14 Stunden bei sechsmaligem Luftbetanken zurücklegten und damit einen neuen Rekord aufstellten. Die letzte F-15 verließ Holloman am 05. Juni 1992 nach 14 Jahren Einsatz mit diesem Waffensystem.
Von 1991 bis 1993 schulten die 7. und 8. Fighter Squadron auf die Lockheed F-117 Nighthawk um, wobei als Trainer hierfür die AT-38 B Talon genutzt wurde.  Die 9. Fighter Squadron empfing zu diesem Zeitpunkt die deutsche Luftwaffe und setzte die in George AFB eingestellte Ausbildung auf der F-4 Phantom fort. Während der Operation Iraqi Freedom flogen die F-117 mehr als 80 Einsätze und spielten eine entscheidende Rolle gerade zu Beginn dieser Auseinandersetzung. Im Jahr 2006 wurde entschieden, dass alle F-117 aus Holloman abgezogen werden würden und erklärt, dass der Flugbetrieb mit diesem Waffensystem bis 2008 eingestellt würde. Holloman sollte nun ein neues Stealth Muster, den Luftüberlegenheits-Fighter F-22 Raptor aufnehmen. In den Jahren 2008 bis 2014 waren F-22 in Holloman stationiert, bis sie schließlich Anfang 2014 nach Tyndall AFB verlegt wurden. 
In Holloman wurde 2014 die 56. Fighter Group aktiviert und ab April 2014 mit der F-16 Fighting Falcon Ausbildung begonnen, um damit auf der der Luke AFB, Arizona, Kapazitäten für die F-35 Lightning Ausbildung zu schaffen.
Abschließend gilt anzumerken, dass parallel zur fliegerischen Ausbildung in Holloman ab 2009 die ersten Unmanned Aerial Vehicles (UAV) ihren Ausbildungsbetrieb mit der MQ-1 Predator und MQ-9 Reaper aufgenommen haben und inzwischen zu einer festen Größe im Ausbildungsbetrieb Holloman geworden sind. 
Ob die deutsche Luftwaffe noch einmal Jets von Holloman aus aufsteigen lassen wird steht in den Sternen. Schade eigentlich.


Wolfgang Fahl
 

Ehemaliges Führungspersonal der Phantom Ära

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