Die F-4 Phantom

Die McDonnell Douglas F-4 Phantom und ihre Zeit in der Luftwaffe

 

Einhergehend mit der vorsichtigen Entspannungspolitik der 1960er Jahre und dem allmählichen Anwachsen eigener konventioneller Kräfte veränderte die NATO ihre Strategie der "massiven Vergeltung" in die Konzeption der "flexiblen Reaktion". Für die Waffensysteme der Luftwaffe bedeutete dies die Forderung nach einer Stärkung der konventionellen Einsatzfähigkeit.

In der Luftwaffe sollten die Phantom RF-4E und die F-4F die F-104 G "Starfighter" in den Bereichen Luftaufklärung, Luftüberlegenheits- und Abfangjagd ersetzen und die verbliebenen Fiat G-91 und F-104 G in den Rollen Luftnahunterstützung und Luftangriff ergänzen.

Zunächst als trägergestütztes Jagdflugzeug für die US-Navy entwickelt, startete die XF4H-1 bereits im Mai 1958 zu ihrem Jungfernflug.

Als Beleg für ihre außergewöhnlichen Flugleistungen überbot die F-4 H 1961/62 sämtliche, zumeist von der F-104 gehaltenen Steigflug- und Geschwindigkeitsrekorde. So wurde etwa eine Höhe von 9.000 m in 61 Sekunden erreicht und ein Geschwindigkeitsrekord von 2.585 km/h aufgestellt.

Vom Pentagon angeordnete Vergleichsflüge gegen F-104, F-105 und F-106 der US Air Force bestätigten die Überlegenheit der "Phantom" und führten zu deren Einführung auch in die Air Force, wo die F-4 bald zum Rückgrat der Kampfflugzeugflotte wird.

Nach ihrer Einführung konnte sich die "Phantom" für mehr als zwei Jahrzehnte als eine der erfolgreichsten Kampfflugzeugkonstruktionen in der Geschichte der US Air Force behaupten. Vor allem im Vietnamkrieg wurde sie zu Luft-Luft und Luft-Boden Aufgaben sowie als Aufklärer eingesetzt und bewährte sich in allen Rollen. Selbst nachdem neuere Flugzeugmuster nach und nach ihre Aufgaben übernommen hatten, war sie während „Desert Storm“ und im Rahmen der Durchsetzung der danach eingerichteten Flugverbotszone über dem Irak als F-4G „Wild Weasel“ noch lange erfolgreich im Einsatz.

Bis zur Einstellung der Produktion im Jahre 1981 wurden insgesamt 5.195 Stück für 12 Nationen gefertigt.

Zwischen 1971 und 1976 wurden (mit 88 RF-4E und 175 F-4F) 263 Phantom-Waffensysteme in die Luftwaffe eingeführt und 6 Geschwader damit ausgerüstet. Diese Geschwader bildeten für geraume Zeit das Rückgrat der Bundeswehr für Luftaufklärung, konventionellen Luftangriff und Fliegende Luftverteidigung.  

Als Folge dieser Umrüstung wurde auch der notwendige Ausbildungsbedarf für die Besatzungen definiert und machte die Einrichtung eines dafür geeigneten Ausbildungszentrums in den USA notwendig.

Den Auftrag für die Umschulung der deutschen Besatzungen erhielt die 20 Tactical Fighter Training Squadron "Silver Lobos" der 35 Tactical Fighter Wing der US Air Force in George AFB, California. Von 1971 bis 1976 wurden dort 240 Aufklärungs-, Jagd- und Jabo-Flugzeugführer von ihren bisherigen fliegenden Waffensystemen auf die PHANTOM umgeschult und 24 Lehrbesatzungen ausgebildet.

Für die nachfolgende Regeneration deutscher PHANTOM-Besatzungen F-4F wurde am 1. April 1976 in George AFB zudem die 3. Deutsche Luftwaffenausbildungsstaffel USA in Dienst gestellt und am 1. Oktober 1984 in 1. Deutsche Luftwaffenausbildungsstaffel USA umbenannt.

Die deutschen Besatzungen der Aufklärerversion der PHANTOM, der RF-4E, wurden ab 1970 in Shaw AFB, South Carolina (dort bis 1972 nur Lehrbesatzungen), von 1982 bis 1991 in Bergstroem AFB, Texas und am Ende noch für kurze Zeit zusammen mit den F-4F Besatzungen in George AFB ausgebildet.

Auf Beschluss der US-Regierung wurde der Flugplatz George AFB 1992 geschlossen und die 1. Deutsche Luftwaffenausbildungsstaffel USA am 2. Juni 1992 nach Holloman AFB, New Mexico verlegt. Die dortige Ausbildung der deutschen F-4 Besatzungen endete am 20. Dezember 2004 und beschloss damit ein weiteres Kapitel sehr erfolgreicher amerikanischer wie auch deutscher Luftfahrtgeschichte.

Das Team

Mit dem Kauf der Phantom II wurde zum ersten Mal ein zweisitziges Waffensystem als Kampfflugzeug in die Luftwaffe eingeführt. Auch gab es bei den Vorgängern schon zweisitzige Versionen, doch waren diese zahlenmäßig sehr gering und nur für Schulungszwecke vorgesehen. Für den Ernstfall waren diese Flugzeuge nur bedingt einsatzfähig.

In der "Phantom", bildeten Pilot und Waffensystemoffizier ein Team. Sie teilten sich die Aufgabe im Cockpit. Der Flugzeugführer trug die Verantwortung für den Flugauftrag, steuerte und kontrollierte das Flugzeug. Der Waffensystemoffizier bediente die bordeigene Rechneranlage für Navigation und Waffeneinsatz, unterstützte den Flugzeugführer bei der elektronischen Kampfführung, beim Luftkampf und bei Normal- und Notverfahren.

Das Flugzeug konnte nur dann optimal als Waffe eingesetzt werden, wenn das Team Pilot-WSO perfekt funktionierte.

Ab 1994 wurden die Aufgaben im Rahmen der taktischen Luftaufklärung vom „Tornado“ übernommen, einem zweisitzigen Kampfflugzeug wie die „Phantom“. Die F-4F wurden ab 2004 durch den einsitzigen Eurofighter „Typhoon“ abgelöst. Die letzte F-4F verließ die Luftwaffe am 29. Juni 2013. Die Phantom II ist somit das bisher am längsten in der Luftwaffe geflogene Waffensystem.

K. Hammann 

Stand: März 2018

 

 

Stationierungsorte in Deutschland

Fliegerhorst Bremgarten Aufklärungsgeschwader 51 "Immelmann" RF-4E Phantom II ab 20. Januar 1971 bis März 1993
Fliegerhorst Leck Aufklärungsgeschwader 52 RF-4E Phantom II ab September 1971 bis Dezember 1993
Fliegerhorst Wittmundhafen Jagdgeschwader 71 "Richthofen" F-4F Phantom II ab August 1973 bis 29. Juni 2013
Fliegerhorst Neuburg Jagdgeschwader 74 "Mölders" F-4F Phantom II ab September 1974 bis Juni 2008
Fliegerhorst Hopsten Jagdbombergeschwader 36 / Jagdgeschwader 72 "Westfalen" F-4F Phantom II ab Februar 1975 bis Dezember 2005
Fliegerhorst Pferdsfeld Jagdbombergeschwader 35 F-4F Phantom II ab April 1975 bis Juli 1997
Fliegerhorst Laage Jagdgeschwader 73 "Steinhoff" F-4F Phantom II ab Juli 1997 bis April 2002
Fliegerhorst Manching Wehrtechnische Dienststelle 61 RF-4E/F-4F Phantom II ab 1974 bis 30. Juli 2013
         
         
         

Technische Daten

Hersteller: McDonnell Douglas Bewaffnung F-4F: M61A1 Vulcan Bordkanone mit sechs rotierenden Rohren (Gatling Gun) und einem Munitionsvorrat von 640 20mm Geschossen, bei einer Kadenz von 6000 Schuss pro Minute, wahlweise auch 4000 Schuss pro Minute oder 100 bzw. 67 pro Sekunde.
Triebwerk: 2 x General Electric J79-GE-17A   Für den Luft-Luft-Einsatz standen bis zu vier AIM-9L Flugkörper (Infrarot) sowie zusätzlich bis zu vier AIM-120 AMRAAM Lenkwaffen (Aktive Radarsteuerung) zur Verfügung.
Leistung / Schub: je 52,5 kN (79,24 kN mit Nachbrenner)   Für den Luft-Boden-Einsatz waren verschiedene gebremste und ungebremste Bomben, die Streubombe BL-755 sowie der TV-gelenkte Flugköper "Maverick" verfügbar. Insgesamt bis zu einer Zuladung von 5600kg.
Länge: 19,20 m Sensoren und Effektoren RF-4E: Schrägsichtkamera in Flugrichtung, umstellbar auf vertikal und zwei Schrägsichtkameras links bzw. rechts. Eine Tiefflugkamera für 180°-Panorama-Aufnahmen von Horizont zu Horizont sowie 2 Kameras für mittlere und große Höhen. Zudem ein Infrarot Sensor AN/AAD 5 und ein Seitensichtradar (SLAR) AN/APD 4. Die deutschen RF-4E konnten ab 1980 zudem eine externe Bombenlast von bis zu 2.270 kg tragen.
Höhe: 5,02 m Außentanks: An zusätzlichen Kaftstoffbehältern standen für alle Einsatzrollen ein Rumpftank (Centerline tank), zwei Unterflächentanks (Wing tanks) oder alle drei gleichzeitig zur Verfügung.
Spannweite: 11,70 m Besatzung: 2 (Pilot / Waffensystemoffizier)
Leergewicht: 13.800 kg Erstflug: 27. May 1958
Max. Abfluggewicht: 28.000 kg    
Höchstgeschwindigkeit: 1300 km/h in Bodennähe / Mach 2,2 in 12.000 m Höhe    
Marschgeschwindigkeit: .87 Mach oder 950 km/h    
Dienstgipfelhöhe: 16.500 m (in der Luftwaffe nur bis 14.630 m zugelassen)    
Reichweite: 1.150 km    
Überführungsreichweite: 3.180 km